Sprachanlässe mit digitalen Medien schaffen und gestalten
Um Kinder in ihrer sprachlichen Entwicklung zu begleiten, bedarf es einer sprachanregenden Umgebung, in der aufmerksame Interaktionspartnerinnen und -partner die individuellen Bedürfnisse von Kindern wahrnehmen, darauf reagieren, Beobachtungen und Gefühle in Worte fassen und zum Nachdenken und sprechen ermuntern. Es ist wichtig, Kindern vielfältige Interaktionsmöglichkeiten zu bieten und ihnen dafür Ressourcen wie Zeit, Raum und Materialien bereitzustellen. So können Kinder ihre eigenen Kommunikationsräume entwickeln. Ein zentrales Element bei der alltagsintegrierten Sprachbildung ist das Erkennen und bewusste Initiieren von Sprachanlässen und gemeinsamen Dialogen. Digitale Medien können dabei eine wichtige Rolle einnehmen. Mit Hilfe von Tablets und anderen digitalen Tools können die kreativen Schaffensprozesse der Kinder unterstützt und die Kommunikation und Sprachfreude angeregt werden. Sie können helfen, mit den Kindern in Interaktion zu treten, über Gesehenes und Gehörtes zu sprechen, Fragen zu stellen und gemeinsam mit ihnen Neues zu entdecken.
Bilderbuch-, Hörspielkino & Co.
Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen, gemeinsam mit Kindern ein Buch zu erkunden.Beim klassischen Vorlesen eines Bilderbuches oder der dialogischen Bilderbuchbetrachtung kommt es im pädagogischen Alltag schnell dazu, dass sich viele Kinder um ein Buch versammeln und versuchen, kein Bild zu verpassen. Mit einem Bilderbuchkino kann es gelingen Bilderbücher ohne Gedrängel und in besonderer Atmosphäre anzuschauen. Die Installation ist simpel. Die Dokumentenkamera an den Laptop anschließen und mit dem Beamer verbinden, den Beamer auf eine weiße Wand ausrichten, ein Bilderbuch unter die Kamera legen und dann kann es schon losgehen. Am besten eignet sich der Bewegungsraum für das Bilderbuchkino, weil es dort genug Platz für alle Kinder gibt. Kinoproduktionen können gut gemeinsam mit den Kindern gestaltet werden. Angefangen bei der Auswahl des Buches über das Fotografieren der Seiten bis hin zur Aufnahme der Geschichte und zum Basteln von Eintrittskarten können die Kinder selbst tätig werden. Es können eigene Geschichten der Kinder entstehen und produziert werden. Das Bilderbuchkino kann außerdem in verschiedenen Sprachen angeboten werden. So können die Familien eingebunden werden und die Familiensprachen der Kinder werden sichtbar und wertgeschätzt.
Auch ein Hörspielkino lässt sich wunderbar gemeinsam mit den Kindern erstellen. So haben die Kinder aus dem FRÖBEL-Kindergarten EinSteinchen z.B. ihr Lieblingsbuch „Kleine Eule ganz allein“ von Chris Haughton vertont. Die Kinder kreierten gemeinsam mit den pädagogischen Fachkräften ein selbst gemachtes „Hörspielkino“. Zuerst wurden die Rollen verteilt und Tierstimmen von Eichhörnchen, Frosch und Eule geübt. Dann nahmen die Kinder im eigens errichteten Tonstudio die Erzählertexte, Geräusche und Dialoge selbst über Mikrofone auf. Darauf folgte noch eine „Kreativsitzung“, in der die Gruppe aus allen verfügbaren und bereits in anderen Trickfilmen oder Tänzen verwendeten Geräuschaufzeichnungen, Soundeffekten und Liedern den Soundtrack für ihren Film komponierten. Das fertig vertonte Buch gibt es hier zu sehen.
Darüber hinaus gibt es natürlich zahlreiche weitere Möglichkeiten mit Hilfe von digitalen Medien Sprachanlässe zu initiieren und Dialoge zu gestalten. Sei es die Produktion von Stop-Motion-Filmen, die Aufnahme eines eigenen Podcast oder die Gestaltung von digitalen Vorleseaktionen. Bei allen Aktionen ist es wichtig zu betonen, dass digitale Medien natürlich kein Ersatz für die alltagsintegrierte Sprachbildung sind. Sie können das pädagogische Angebot der Einrichtung aber bereichern und erweitern und neue Anreize für die Kinder schaffen. Worauf bei der Gestaltung und Auswahl von digitalen Angeboten zur Sprach- und Leseförderung geachtet werden sollte, ist in diesem Erklärfilm der Stiftung Lesen zusammengefasst.
Sprachenvielfalt und digitale Medien
Für die sprachliche Entwicklung von Kindern sind sowohl die Familiensprache(n) als auch die Sprache(n) der Umgebung bedeutsam. Neben der Förderung der deutschen Sprache sind die Familiensprachen der Kinder eine wichtige Ressource für die Sprachbildung von Kindern. Digitale Medien können Kindertageseinrichtungen dabei unterstützen, die verschiedenen Familiensprachen der betreuten Kinder im pädagogischen Alltag sichtbar zu machen und zu integrieren. Dialogische Vorlesesituationen und vertiefende Gespräche gehören zu den sprachförderlichsten Momenten im pädagogischen Alltag. Durch digitale Medien können in diesen Situationen die verschiedenen Familiensprachen der Kinder integriert werden, auch wenn die pädagogischen Fachkräfte diese Sprachen selbst nicht beherrschen. Die Aufnahmefunktion der TonieBox kann z.B. genutzt werden, um Geschichten in den Familiensprachen der Kinder aufzunehmen. So stehen den Kindern jederzeit Geschichten in ihren Familiensprachen zur Verfügung. Auch Apps wie Polylino und Vorleseroboter wie die Lese-Eule Luka® bieten mittlerweile die Möglichkeit, Geschichten in verschiedenen Sprachen abzuspielen. Im Idealfall lesen pädagogische Fachkräfte Bücher vor, die danach noch einmal in den Familiensprachen der Kinder angehört oder abgespielt werden können. Auch die sogenannten sprechenden Wände oder interaktive Lerntrainer bieten vielfache Möglichkeiten, die Sprachen der Familien mit digitalen Medien zu verknüpfen. Beispielweise können diese in der Garderobe helfen, Selbstständigkeit und Sprachenvielfalt miteinander zu verknüpfen. Damit nicht jedes Kind einzeln nach Matschhose, Handschuhen oder Sonnenhut fragen muss, können die Familien in verschiedenen Sprachen die sprechende Wand mit „Was muss ich heute anziehen?“ besprechen. Daneben sind die entsprechenden Kleidungsstücke noch einmal abgebildet.
Apps zur Sprach- und Leseförderung
Auch mit Hilfe von Apps können sprach- und leseförderliche Momente im pädagogischen Alltag initiiert werden. Das Angebot an Apps ist dabei sehr groß und reicht von digitalen Bilderbüchern über Lernspiele bis hin zu digitalen Wimmelbildern. Für die pädagogischen Fachkräfte besteht die Herausforderung darin, aus der Vielzahl an Angeboten eine sinnvolle Auswahl für die Kinder zu treffen. Auch Aspekte des Datenschutzes sollten natürlich berücksichtigt werden. Die Initiative lesenmit.app untersucht verschiedene Apps zur Sprach- und Leseförderung genau auf diese Aspekte und bewertet diese differenziert. Eine umfangreiche Datenbank sammelt die Bewertungen der einzelnen Apps und kann pädagogische Fachkräfte, aber auch Familien bei der Entscheidung für oder gegen eine Anwendung unterstützen. Außerdem gibt es auf der Seite verschiedene Hilfestellungen und Materialien für den Einsatz digitaler Medien in der Familie und in der Kindertagesbetreuung. Zur Initiative lesenmit.app der Stiftung Lesen geht es hier.
Einige Passagen des Blogbeitrags stammen aus dem Themenheft Digitale Medien und Kinder von FRÖBEL. Das komplette Themenheft kann hier heruntergeladen werden.