Spielmaterial in Kindertageseinrichtungen – Darauf kommt es an!
Kinder können sich wunderbar kreativ mit Alltagsgegenständen beschäftigen, sich die größten Burgabenteuer in Pappkartons ausdenken und mit einer Handvoll Stöcken und Kastanien ganze Weltreisen erleben. Neben diesen Möglichkeiten sollten ihnen auch ausgewählte und vorbereitete Spielmaterialien in einer Kindertageseinrichtung zur Verfügung stehen. Spielmaterialien sind unter anderem Bausteine, Figuren, Material für Rollenspiel, didaktisches Material und vieles mehr. Beide Arten von Spielzeug haben im kindlichen Spiel und in den Selbstbildungsprozessen der Kinder ihre Berechtigung und sollten in einer Kindertageseinrichtung ausgewogen zur Verfügung stehen.
Auswahl und Präsentation
Mit Spielmaterial allein ist es nicht getan: entsprechend den Bildungsplänen der Länder hat jede Einrichtung einen Bildungsauftrag, für dessen Umsetzung auch die Auswahl und Präsentation der Materialen relevant ist. Eine gute Auswahl und durchdachte Präsentation der Spielmaterialien sind wichtig für die Selbstbildungsprozesse der Kinder. Das Spielmaterial sollten daher für die Kinder in ansprechender Weise präsentiert werden. Fachkräfte können angepasst an den Entwicklungstand der Kinder und Bildungsbereich die Materialien vorbereiten und in eine anregende Darstellung bringen. Spielmaterial sollte immer in Kinderhöhe zu finden sein. Das befähigt die Kinder selbstbestimmt zu handeln. Sie können ohne Hilfestellung von Erwachsenen auf das Spielmaterial zugreifen, eigenständig ihrem Bedürfnis nach Beschäftigung nachgehen und sich konzentriert dem Spiel widmen. Materialien die eine Begleitung und Unterstützung von Fachkräften erfordern, wie z.B. Scheren, Klebstoff oder Werkzeuge sollten den Kindern allerdings nicht ohne Aufsicht zur Verfügung gestellt werden.
Materialzustand
Neben der Erreichbarkeit spielt der Zustand der Materialien eine Rolle. Ein unvollständiges Puzzle zum Beispiel kann nie fertig gepuzzelt werden. Das führt zu Frustration. Ein Buch, dem Seiten fehlen oder das auseinanderfällt, macht keinen Spaß beim Angucken. Vorbereitete Tabletts mit unvollständigem Material oder zu wenig Platz für das Sortieren / Schütten führen dazu, dass Kinder sich nicht auf die Tätigkeit konzentrieren können und kein Erfolgserlebnis haben. Ein weiteres Beispiel ist die Präsentation von Materialien im Rollenspielbereich: Puppen, die unbekleidet und vermeintlich lieblos kreuz und quer in ein Puppenbett o.ä. gestopft sind, laden nicht zum Spielen ein. Ein gut durchdachtes Aufräumsystem ist für alle Beteiligten ein Gewinn. Mit Hilfe von Fotos und Beschriftungen der Körbe, Kisten, Regale, Fächer etc. können die jüngsten Kinder selbständig aufräumen und ihre Materialien wieder an ihren Platz bringen.
Vielfalt und Diversität
Fast alle Bildungsbereiche lassen sich hervorragend mit Alltagsgegenständen und Naturmaterialien ergänzen. Hier ist der Kreativität keine Grenze gesetzt. Grundsätzlich ist bei allen angebotenen Spielmaterialien und Büchern für Kinder zu beachten, dass verschiedene Ethnien, Altersgruppen, eine geschlechtersensible und nicht stereotype Darstellung von Personen abgebildet werden sollten. Die Vielfalt und Diversität der Gesellschaft und Menschheit sollen sich, ohne eine diskriminierende Darstellung, im Spielmaterial für Kinder wiederfinden. Für Kinder ist es wichtig, sich in Materialien und Büchern wiederzuerkennen und repräsentiert zu fühlen. Deshalb sollten beispielsweise in Kindertageseinrichtungen auch vielfältige Puppenkinder zum Spielen da sein. Die Figuren der Feuerwache sollen nicht nur männlich dargestellt sein, sondern neutral oder mit verschiedenen Geschlechtern und Hautfarben. Die Kleinigkeiten machen in der Summe den Unterschied für Kinder und zeigen, dass es vielfältige Möglichkeiten für Familienformen oder Berufe gibt. Dies ist nur mit einer sorgfältigen Auswahl von Spielmaterialien möglich.
Spielmaterialien für einzelne Bildungsbereiche
Hier gibt es einige exemplarische Beispiele für die Auswahl und Präsentation von Spielmaterialien für einzelne Bildungsbereiche:
Atelier
Das Atelier kann mit Farben, Pinseln und Papier in verschiedenen Größen und Arten, (Boden-)Staffeleien, Malwänden, verschiedenem Bastelmaterial sowie anderen Materialien in Behältnissen sortiert, ausgestattet sein. Platz zum Trocknen der Kinderwerke sollte vorhanden sein. Um die Arbeiten der Kinder zu würdigen, können aktuelle Bilder oder dreidimensionale Arbeitsergebnisse in einer Ausstellung präsentiert werden.
Bauraum
Der Bauraum sollte ausreichend Platz bieten, damit die Bauwerke für einen Zeitraum stehen bleiben und Kinder daran weiterbauen können. In Kästen und Körben kann das Material für die Kinder einsehbar aufbewahrt werden. Das angebotene Material sollte Spielfiguren von Tieren und Menschen enthalten. Verschiedene Arten von Fahrzeugen, Schienen und Züge sowie weiteres Zubehör, wie Zäune und Häuser dürfen nicht fehlen. Die Auswahl der Bausteine ist nicht zu unterschätzen. Verschiedene Arten von Bausteinen aus unterschiedlichem Material und eine Auswahl an Steckbausteinen sollten den Kindern zur Verfügung stehen. Anregend für Kinder sind außerdem Bausteine die nicht nur rechtwinkelig sind, sondern unregelmäßige Formen haben.
© FRÖBEL e.V; Foto: Franziska Werner
Bewegungsraum
Ein vielfältiges Bewegungsangebot benötigt Elemente, die Kindern unterschiedliche Bewegungserfahrungen ermöglichen. Diese können Springen, Werfen und Fangen, Klettern, Balancieren, Krabbeln, Fahren und noch vieles mehr sein. Das bedeutet nicht, dass Kinder in jeder vorbereiteten Umgebung immer gleichzeitig alle Bewegungsmöglichkeiten angeboten bekommen sollen, sondern das Material sollte, wie in anderen Bildungsbereichen, frei zugänglich sein. Oft lassen sich Bewegungsangebote gut im Außenbereich der Kindertageseinrichtung ergänzend zu denen im Innenbereich anbieten. Die Elemente für den Bildungsbereich Bewegung sollten eine ausgewogene Mischung von festinstallierten und beweglichen Materialien sein.
© FRÖBEL e.V; Foto: Boris Breuer
Didaktisches Material
Didaktisches Material mit verschiedenen Puzzles, Steck- Schütt-, und Sortierangebote sowie Konstruktionsmaterial kann über vorbereitete Tabletts angeboten werden. Wenn dazu noch erste Regelspiele, Fädelspiele und (akustische) Memorys zur Verfügung stehen, werden verschiedene Fertigkeiten der Kinder angesprochen und können ungehindert ihrem Selbstbildungsprozess nachgehen. In diesem Bereich können gut durchdachte vorbereitete Umgebungen zu einem anregenden Bildungsraum werden.
Musik
In einer Kindertageseinrichtung gehört das Musizieren und Erfahrungen mit Musikinstrumenten dazu. Musikinstrumente sollten im Tagesablauf für die Kinder immer verfügbar und erreichbar sein. Hier empfiehlt es sich für den täglichen Gebrauch auf Instrumente und Klangkörper wie Rassel-Eier, kleinere Meeresrauchen-Trommeln, Klang-Tiere, klingende Holzkugeln und kleine Regenstäbe zurückzugreifen. Kalimbas und Klangbausteine können eine passende Ergänzung sein. Weitere Instrumente sollten in Aktivitäten gemeinsam mit der pädagogischen Fachkraft angeboten werden, so dass Kinder umfassende Erfahrungen mit Musikinstrumenten erleben.
Rollenspielbereich
Das Material für Rollenspiel, welches den Kindern bereitgestellt wird, enthält Verkleidungsmaterial wie Tücher, Umhänge, Hüte, Kostüme, Taschen, Berufsbekleidung und Alltagsgegenstände aus den Familienkulturen der Kinder. Für Kinder ist es wichtig in andere Rollen zu schlüpfen. Das ist ein Bereich, bei dem Familien aufgefordert sein können, sich durch kleine Sachspenden zu beteiligen. Durch diese Gegenstände werden die Lebenswelten der Familien in die Einrichtung geholt. Durch die Repräsentation bekannter Sachen von zuhause, werden sich die Kinder noch sicherer in der Einrichtung fühlen. Eine Spielküche samt Ausstattung und ein Spieltisch mit Stühlen sollte nicht fehlen. Die Auswahl der Puppen sollte verschiedene Ethnien repräsentieren; ausreichend Bekleidung und Zubehör für das Spiel mit den Puppen darf nicht fehlen. Den Bereich für das Rollenspiel mit kuscheligen Elementen, wie Kissen, gemütliche Matten und Baldachine auszustatten, erhöht die Attraktivität des Bereichs und bietet eine Rückzugsmöglichkeit. Kindern geht es da genauso wie uns Erwachsenen. Wir halten uns gerne in Räumen auf, in denen wir uns wohlfühlen.
© FRÖBEL e.V; Foto: Boris Breuer
Flexibilität und Individualität
Für jede Kindertageseinrichtung muss natürlich geschaut werden, wie die Bedürfnisse der Kinder und wie alt die Kinder sind, nach welchem pädagogischen Konzept gearbeitet wird und wie die baulichen Rahmenbedingungen, in denen die verschiedenen Bildungsbereiche repräsentiert werden, sind. Weiter muss durch Beobachtung und eine gute pädagogische Planung das Material immer den Themen und dem individuellen Entwicklungsstand des einzelnen Kindes angepasst und aktualisiert werden (KitaFachtext zum Thema Kindliche Interessen beobachten und Fördern). Dabei kann es eine Hilfe sein, wenn es ein kleines, aber gut sortiertes Lager gibt oder ein Tauschsystem mit Kindertageseinrichtungen des gleichen Trägers in der Nähe der Einrichtung.
Zum Weiterlesen:
Jeanette Boetius KitaFachtext zur Gestaltung einer anregungsreichen Entwicklungsumgebung für Kinder in den ersten drei Lebensjahren
Anja Cantzlers Kita Fachtext über Exploration mit Alltagsgegenständen und Naturmaterialien
Sandra Richters KitaFachtext Eine vorurteilsbewusste Lernumgebung gestalten
Christel van Dieken Beitrag über Sinnvolle Spielmaterialien für Krippenkinder.