Wieso? Weshalb? Warum? – Frühkindliche MINT-Bildung
Die Abkürzung MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – Welche Bedeutung diesen Themen der frühkindlichen Bildung zugeschrieben werden, welche Rolle die Geschlechter spielen und wie MINT-Bildung in Kindertageseinrichtungen gelingen kann, erfahren Sie in dem folgenden Artikel.
MINT-Bildung von klein auf
Schwerkraft, Wasser, Licht – Kinder sind tagtäglich von MINT-Themen umgeben. Im Alltag befinden sie sich stetig in Auseinandersetzung mit den Gesetzen der Natur, machen technische sowie mathematische Erfahrungen und sind von digitalen Medien umgeben. Kinder sind von Geburt an neugierig und stetig in Versuchen, die (Um-)Welt zu erschließen. Warum sind die Dinge und Phänomene so wie sie sind? Ihr angeborener Forschergeist hilft ihnen dabei, sich auf die Suche nach den Antworten auf ihre Fragen zu begeben. So liegt es nah, dass diesen kindlichen Bedürfnissen in der frühkindlichen Bildung Sorge getragen und forschendes und entdeckendes Lernen der Kinder pädagogisch begleitet wird.
Auch wenn die Ebene der kindlichen Entwicklung maßgeblich ist, sollten wir einen kurzen Blick auf die bildungspolitische Bedeutung der frühkindlichen MINT-Bildung werfen. Mit dem Pisa-Schock Anfang der 2000er Jahre wurde klar, dass neben Schulen auch der Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen in den Fokus genommen werden muss. Mit der darauffolgenden Umsetzung der Bildungspläne in allen Bundesländern wurde auch die MINT-Bildung in die Bildungsbereiche verankert, um von Anfang an alle Kinder, unabhängig von Herkunft und Geschlecht, in mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen zu fördern.
Forschen ist doch nur was für Jungs – oder etwa doch nicht?
Nein, MINT-Themen sprechen alle an und sind genderneutral. Studien belegen, dass bei Kindern im Kindergartenalter keine geschlechtsspezifischen Unterschiede in Bezug auf das MINT-Interesse festzustellen sind (vgl. Oppermann & Keller, 2018). Mit diesem Wissen sollte es selbstverständlich sein, alle Kinder in pädagogische Angebote einzubeziehen und ihr Interesse für mathematische, informatische, naturwissenschaftliche und technische Erfahrung zu wecken.
Um sich diesen Aufgabenfeld der MINT-Bildung bewusst zu werden, benötigt es eine gendersensible Reflexion. Folgende Fragen helfen Ihnen dabei:
- Wie unterstütze ich forschendes Lernen bei Jungen und wie bei Mädchen? Mache ich Unterschiede?
- Was traue ich Jungen zu und was traue ich Mädchen zu? Mache ich Unterschiede?
- Welches Verhalten irritiert mich bei Jungen und welches Verhalten irritiert mich bei Mädchen?
- Sind die pädagogischen Angebote und Räume für alle Kinder ansprechend gestaltet? Woran mache ich das fest?
Eventuell hilft es Ihnen auch auf die eigene Bildungsbiografie zu schauen:
- Welche MINT-Erfahrungen habe ich selbst als Kind gesammelt und wer hat mich dabei unterstützt?
- Habe ich erfahren, dass andere bevorzugt wurden?
- Wodurch wurden meine Interessen geweckt?
Machst du mit? Die Rolle der Pädagogischen Fachkraft
Um Kinder in der Auseinandersetzung mit MINT-Themen zu begleiten, benötigen sie Personen an ihrer Seite, die bereit sind gemeinsam mit ihnen auf die Suche nach Antworten zu gehen und diesen Prozess als soziale Interaktion gestalten. Dies wird auch als Ko-Konstruktion beschrieben. Sie als Fachkraft sollten besonders aufmerksam sein, um die Problemstellungen bzw. Forschungsfragen der Kinder wahrzunehmen und aufzugreifen.
Erwachsene haben aufgrund ihres Wissens oft Lösungen parat, die den Kindern vorgelegt werden. Das kann jedoch dazu führen, dass Kinder entmutigt werden, ihren Fragen und Problemstellung, die ihnen beim Erschließen ihrer (Um-)Welt begegnen, selbstständig nachzugehen. Ihr bestreben etwas selbst zu tun und ein Bewusstsein zu entwickeln, etwas selbst zu ergründen, wird gehemmt. Vielmehr sollten Sie als Fachkraft gemeinsam mit den Kindern auf die Suche gehen, in dem Sie sich als Forschungsbegleitung zur Verfügung stellen. Befragen Sie die Kinder, wie sie vorgehen können und wo sie Informationen finden. Begleiten Sie die Kinder beim Forschen und ermutigen Sie sie nicht aufzugeben, wenn etwas nicht direkt klappt. Stellen Sie einfache Fragen, um das Forschungsinteresse der Kinder zu wecken, z. B. Was ist passiert, als ihr das Wasser auf den Sand gegossen habt? Dokumentieren Sie den Forschungsprozess gemeinsam mit den Kindern.
Für die Reflektion Ihrer Rolle, beantworten Sie sich folgende Fragen:
- Welche Fragen der Kinder sind mir in den letzten Wochen begegnet?
- Habe ich die Fragen der Kinder aufgegriffen?
- Welche Forschungen haben wir unternommen?
- Wodurch habe ich die Kinder im Forschungsprozess unterstützt und begleitet?
- Wie wurde der Forschungsprozess dokumentiert?
Hier kann ich experimentieren, entdecken und forschen – die Lernumgebung
Ein weiterer Schlüssel für eine gelingende MINT-Bildung ist eine anregende Lernumgebung, die ein vielseitiges Interesse der Kinder weckt. In gut ausgestatteten Räumen sammeln Kinder auf einfache Weise Grunderfahrungen. Im Bau- und Konstruktionsbereich setzen sie sich mit Statik auseinander, beim Rollenspiel im Spielladen finden beim Einkauf und beim Bezahlen mathematische Auseinandersetzungen satt und im Außenbereich begegnen sie der Natur mit allen Sinnen. Bewährt haben sich thematische Kisten, Wannen und Aktionstabletts, in denen Materialien zum Entdecken und Forschen wiederzufinden sind und die den Kindern zur Verfügung stehen, z. B.:
- Sandwanne mit Sieben, Gefäßen, Trichtern, Rohren
- Kisten zur Erkundung von Strom oder Wasser
- Aktionstablett auf dem z. B. unterschiedliche Schrauben und Muttern zur Verfügung stehen
- …
In vielen Kindertageseinrichtungen gibt es zudem Forscherecken oder auch ganze Forscherräume, in denen Kinder ihren Fragen nachgehen können. Im besten Fall sind diese Bereiche mit vielseitigen Materialien zum Experimentieren, Entdecken und Forschen ausgestattet, z. B.:
- Messbecher
- Pipetten
- Geeignete Reagenzgläser
- Petrischalen
- Pinzetten
- Lupen
- Mikroskope
- Magnete
- Verschiedene Waagen und Gewichte
- Prismen
- Spiegel
- Taschenlampen
- Farbfolien
- Schrauben und Muttern
- Vielfältige Naturmaterialien
- Lichttische, Overhead-Projektoren oder andere Materialien, um mit Licht zu experimentieren
- Bücher zu Themen, die die aktuelle Forschungsinteressen der Kinder repräsentieren
- …
Zudem sollten Kinder auch Zugang zu (Natur-)Materialien haben dürfen, die sie für Entdeckungs- und Forschungszwecke benötigen, z. B.:
- Wasser
- Sand
- Steine
- Blätter
- Äste
- Farben
- Verschiedene Papiere
- …
In der Broschüre FreiRäume zum Entdecken und Forschen finden Sie noch weitere Inspirationen zur räumlichen Ausgestaltung und Hinweise dazu, wie Sie die Kinder im entdeckenden und forschenden Lernen erfolgreich begleiten können.
Zum Weiterlesen
Kinderbuchtipps
Es gibt auch zahlreiche tolle Kinderbücher zum Thema MINT-Bildung. Drei davon möchten wir Ihnen hier empfehlen:
Auf der Spur der Natur | Emily Bone | Usborne Verlag | ab 7 Jahre
Welt der Wissenschaft | Minna Lacey | Usborne Verlag | ab 5 Jahre
So geht Technik | John Farndon, Rob Beattie | Gerstenberg Verlag | ab 8 Jahre
Sidefact
Seit 2010 ist FRÖBEL Partner der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. Gemeinsames Ziel ist es, schon die Kleinsten spielerisch an das Thema MINT – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – heranzuführen und ihnen die Möglichkeit zum Entdecken und Erforschen ihrer (Um-)Welt zu geben.
Verweise
Stiftung Haus der kleinen Forscher (2019): Pädagogischer Ansatz. Berlin. Verfügbar unter: https://www.haus-der-kleinen-forscher.de/fileadmin/Redaktion/1_Forschen/Paedagogik/Broschuere_Paedagogik-HDKF_2020.pdf (zuletzt geprüft am 26.01.2023).
Oppermann, E., & Keller, L. (2018). Geschlechtsunterschiede in der frühen MINT-Bildung –
Forschungsüberblick. Berlin: Stiftung Haus der kleinen Forscher. Verfügbar unter: https://www.haus-der-kleinen-forscher.de/fileadmin/Redaktion/4_Ueber_Uns/Evaluation/Abgeschlossene_Studien/OppermannKeller_Forschungsueberblick_Geschlechtsunterschiede_MINTBildung.._.pdf (zuletzt geprüft am 26.01.2023).
Steffensky, M. (2017): Naturwissenschaftliche Bildung in Kindertagesstätten. Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF Expertisen, Band 48. München.
Nur ein Hinweis: Der Link zum Buch „So geht Technik“ führt leider zu „Welt der Wissenschaft“.
@Maria, vielen Dank für den Hinweis. Der Link wurde geändert.