Gespräche in der Natur
Die Natur bietet Kindern nicht nur Herausforderungen und besondere Abenteuer. In der Natur kann man auch gut mit Kindern ins Gespräch kommen. Was wächst hier auf der Wiese? Von welcher Pflanze sind die kleinen Früchte, die auf dem Weg liegen? Was für ein Baum ist das? Die Natur bietet eine abwechslungsreiche Umgebung, die zum Nachdenken und Beobachten einlädt. Die Beobachtungen variieren von Jahreszeit zu Jahreszeit und bieten so immer neue Gesprächsanlässe. Es wird nicht nur über das Aussehen oder die Funktion von Tannenzapfen gesprochen, sie können auch angefasst und bespielt werden.
Philosophieren & Absprachen treffen
Pädagogische Fachkräfte können die Kinder für diese Wahrnehmung sensibilisieren und zum Nachdenken anregen, besonders wenn die Themen und Interessen der Kinder im Vordergrund stehen. Es bieten sich viele Gelegenheiten, um über Naturphänomene und physikalische Gesetze gemeinsam zu sprechen: Warum färben sich im Herbst die Blätter? Wie kann die kleine Mücke über die Pfütze laufen oder warum geht der Stein sofort im Teich unter, aber das Boot aus Rinde schwimmt?
Ebenfalls verlangt das Spiel von Kindern in der Natur viele Absprachen untereinander und bietet eine Grundlage für Gespräche. Wenn aus kleinen Ästen ein Staudamm gebaut werden soll, müssen sich Kinder untereinander verständigen. An welcher Stelle soll der Staudamm entstehen, welche Stöcke benötigen wir und wie werden diese verbunden, damit auch alles hält? Oder Kinder eröffnen im Wald ein Restaurant. Dann werden Blätter zu Tellern, kleine Stöcke zu Besteck und die Tannenzapfen zu einem köstlichen Hauptgericht. Auch dabei muss viel zwischen Kindern (ab-)gesprochen werden. Nicht zuletzt bieten Aufenthalte in der Natur auch für pädagogische Fachkräfte (Aus-)Zeit für Gespräche mit den Kindern. Dabei muss es gar nicht immer um die Natur gehen. Es finden sich fern vom „normalen“ Alltag der Kita Momente, um über Wünsche und Gedanken zu philosophieren oder einfach nur über Erlebnisse des letzten Wochenendes ins Gespräch zu kommen.
Dialogisches Lesen
Mit Kindern ins Gespräch zu kommen steht beim dialogischen Lesen im Vordergrund. Bei dieser Form des Vorlesens kann ein Buch auch gern mal nicht zu Ende gelesen werden. Bilderbuchbetrachtungen und Vorlesen zählen zu den förderlichsten Momenten, die im Kita-Alltag stattfinden. Vorlesen unterstützt die sprachliche und kognitive Entwicklung sowie die Konzentrationsfähigkeit. Bücher können dabei helfen, sich in andere hineinzuversetzen, zur Ruhe zu kommen und Neues zu erfahren.
Findet der Kita-Alltag draußen statt, wird auch das Vorlesen in die Natur verlegt. Beim klassischen Vorlesen liest die pädagogische Fachkraft dem Kind oder einer Kindergruppe Wort für Wort vor und die Kinder hören zu. Wenn aber das wortgenaue Vorlesen etwas in den Hintergrund rückt und Kinder vom Zuhörer zum Gesprächspartner werden, spricht man vom dialogischen Lesen. Dabei wird der Inhalt des Buches als Gesprächsanlass genutzt, um über die Bilder und den Inhalt zu sprechen, fortführende Überlegungen anzustellen oder eigene Erlebnisse zu erzählen.
Eine entscheidende Rolle, um mit den Kindern ins Gespräch zu kommen, spielen die Fragen, die während der Vorlesesituation gestellt werden. Die Fragen müssen als offene, weiterführende Fragen formuliert sein, um einen echten Dialog mit dem Kind zu eröffnen. Im Gegenzug sind Kontrollfragen zu vermeiden, denn diese führen mehr zu einem Frage-Antwort-Gespräch. Gerade wenn Kindern die Möglichkeit gegeben wird, die Buchinhalte mit eigenen Erlebnissen zu verknüpfen und darüber zu sprechen, ergibt sich eine optimale Sprachlernsituation. Wichtig ist, das Kind genau zu beobachten: Wo schaut und zeigt es hin? Worüber möchte es sprechen?
Beispiele für Fragen:
- Was ist da passiert?
- Warum lacht/weint/versteckt sich das Kind auf dem Bild?
- Hast du so etwas auch schon einmal erlebt?
- Wie könnte die Geschichte weitergehen?
Mit der Büchertasche in den Wald
Wie der FRÖBEL-Kindergarten Highdechsen Bücher als festes Element in seine Waldzeiten integriert: Einmal in der Woche gehen einige Kinder und pädagogische Fachkräfte unseres Kindergartens in den Wald. Ein mittlerweile fester Bestandteil des Besuches im Wald ist die „Büchertasche“. Am Morgen vor dem Ausflug suchen sich ein oder zwei Kinder die Bücher für den Waldtag aus. In der Tasche ist Platz für vier Bücher, dabei hat mindestens ein Buch den Wald als Schwerpunkt. Eine Geschichte, ein Wimmelbuch oder ein Sachbuch greifen das Thema des Ausflugs auf. In unseren Buchtipps zum Vorlesen & Anschauen an der frischen Luft erfahren Sie, welche Bücher sich ganz besonders gut für den Ausflug in die Natur eignen.
Die anderen Bücher werden von den jeweiligen Kindern ausgesucht. In einem kleinen Heft werden die Bücher aufgelistet und durch die „Unterschrift“ des Kindes wird die Ausleihe bestätigt. Damit übernimmt das Kind für diesen Tag die Verantwortung für die Büchertasche. Verantwortungsbewusst und stolz nehmen die Kinder diese besondere Aufgabe an. In Phasen der Ruhe und der individuellen Entspannung können sich die Kinder den Büchern widmen und sich darüber austauschen. Genauso nutzen die pädagogischen Fachkräfte die Zeiten im Wald zum Vorlesen. Im Wald dienen die Bücher als zusätzlicher Sprachanlass. Durch die Kombination aus Phasen der Bewegung sowie Phasen der Ruhe und Entspannung entsteht ein optimaler Lernort für Kinder.
Dieser Beitrag erschien zuerst im FRÖBEL- Themenheft Rein in die Natur. Das Themenheft zeigt welche Bedeutung der Kontakt mit der Natur für Kinder hat und wie Ausflüge in den Wald und Co. gestaltet werden können.